Von Stufen und Iterationen
Kleines Plädoyer für eine Kultur des mehrstufigen Entwickelns: Ist es nicht besser eine schlanke, sich nach und nach entwickelnde Umgebung so früh wie möglich zu liefern, als sehr viel später eine komplexe Komplettversion?
Es ist ein langer Weg von der Planung bis zur Realisierung eines Projektes: Besprechungen müssen durchgeführt werden, Mitarbeiter einbezogen, Sonderwünsche, die nach und nach entstehen, gilt es zuberücksichtigen und kleinere Korrekturen werden immer nötig sein.
Gerade FileMaker bietet eine unerreichbare Flexibilität in puncto nachträgliche Änderungen. Das klingt zwar sehr verlockend und vielversprechend, kann aber schnell zum Albtraum werden, wenn z. B. die Fantasie des Aufftraggebers keine Grenzen kennt und das Projekt so groß und unübersichtlich wird, dass niemand mehr in der Lage ist, die Anwendungen zu verstehen, geschweige denn zu nutzen.
Ich empfehle, zweigleisig zu denken. Einerseits sollte man das große Ganze, das komplexe Projekt im Auge behalten, um die Entwicklung von Anfang an dahingegehend modular aufzubauen. Andererseits sollten sofort erste operative Versionen mit einer noch eher geringen Funktionalität geliefert werden.
Eine komplexe Software sofort zu erfassen und souverän zu nutzen ist nahezu unmöglich. Vielmehr entsteht bei dem Anwender oft das Gefühl, von der schieren Funktionsfülle erschlagen zu werden. Ein Werkzeug muß stufenweise erlernt werden. Und eine Anwendung ist nichts anderes als ein Werkzeug.
Eine schlanke Version birgt die Chance, konzeptionelle Fehler, aber auch Fehler in der Umsetzung, in einem sehr frühen Stadium der Programmierung zu finden und in einem fruchtbaren Dialog zu korrigieren. Die Kommunikation mit dem Kunden und den Anwendern ist die Grundlage einer Programmierung, bei der falsch gelegte Weichen umgestellt werden können, bevor sich eine Katastrophe auch nur anbahnt. Eine Programmierung, die zur keinem Zeitpunkt ins Leere läuft.
Durch die stärkere Einbeziehung der späteren Anwender in die Planung und Entwicklung, gewinnen sie an Sicherheit und entwickeln Verantwortungssgefühl. Das Erlernen der Anwendung fällt ihnen wesentlich leichter, der logische Aufbau der Arbeitsgänge wird als verständlicher empfunden. Neu hinzukommende Funktionen werden als sinnvolle Erweiterungen wahrgenommen – vor allem, wenn der Zeitpunkt ihrer Integration ihrer realen Dringlichkeit entspricht.
Nach und nach: erklimmbar.
Auf ein Mal: erschlagend.